„Wir hängen genauso an dieser Nabelschnur“

Die Gastronomie ist aktuell besonders stark von den Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie betroffen. Bars und Restaurants müssen auf unabsehbare Zeit geschlossen bleiben. Diese Entscheidung beeinflusst jedoch nicht nur das Leben der Gastronomen, Köche oder das des Servicepersonals. Es entzieht auch vielen anderen Unternehmen die Einnahmequellen, wie z.B. Aufstellern von Spielautomaten. 

Andy (Ad) und Simone Doß (Sd) stellen zumeist Spielautomaten in gastronomisches Einrichtungen auf und kümmern sich um deren Wartung.  Die beiden sind seit 20 Jahren eigenständig in diesem Berufsfeld tätig und berichten mir im Interview von den Folgen, mit denen sie täglich konfrontiert sind.  

Auf welche Weise ist ihr Betrieb von der Corona-Krise betroffen? 

Sd: Da jetzt alle Gaststätten geschlossen haben und wir unsere Automaten in Gaststätten aufstellen, sind wir genauso betroffen wie die Gastronomie. 

Ad: Im Prinzip sind unsere Einnahmen gleich null. 

Wie haben Sie während des letzten Lockdowns gearbeitet bzw. wie arbeiten Sie zurzeit weiter? 

Ad: Gar nicht. Den Papierkram krieg ich innerhalb von 14 Tagen hin. Das ist kein Problem. Das mach ich während der Arbeitszeit und wenn Lockdown ist, kommt ja kein Papierkram rein, weil die Gaststätten zu haben. Es gibt keine Vergnügungssteuermeldung, es gibt keine Meldung an die Stadt, du musst keine Umsatzsteuermeldung machen. Im Endeffekt macht jeder erstmal vier Wochen Zwangsurlaub. 

Aber nach diesem „Zwangsurlaub“ ist es noch nicht vorbei. Wie sehen Sie denn die Lage Ihrer Gaststätten in der Zukunft? 

Ad: Das kommt eben drauf an, wie gut die Märkte bleiben, wie lange dieser Lockdown bleibt und wie die Unterstützung vom Staat gewährt wird. Das ist das A und O. Wenn die Gaststätten irgendwo unterstützt werden, dass sie über die Runden kommen, dann ist die Chance recht groß. Aber rein realistisch sehen wir das so, dass mindestens ein Drittel der Gaststätten auf der Strecke bleiben. Manche hatten schon vorher Probleme und die haben dann wirklich mächtig Probleme, über diesen Lockdown zu kommen. 

Nicht nur die Gaststätten, sondern auch Sie müssen da jetzt durchkommen. Inwiefern können Sie denn von den Programmen der Bundesregierung profitieren? 

Ad: Im Normalfall unterstützen sie uns da beim Einkommen. Ob und in welchem Umfang die Unterstützung dann kommt, können wir jetzt noch nicht sagen. Wenn was kommt, würden wir uns freuen.  Während des letzten Lockdowns gab es insgesamt 9000 Euro für drei Monate, für den Ausfall für alle Selbstständigen oder Gaststätten, die direkt betroffen waren, und diese 9000 Euro sind zur Abdeckung von Mieten, von festen Raten, etc. vorgesehen gewesen. Und wenn du nicht so viele Ausgaben hattest, wurde das gegengerechnet. 

Sd: Von den Automaten die Mieten und alles andere hat das gerade gedeckt. 

Ad: Im aktuellen Lockdown wird es ein bisschen anders gehändelt und da müssen wir erstmal schauen, ob und inwiefern das zutrifft. 

Sie werden also erstmal zurechtkommen, aber wie schätzen Sie die Chance ein, dass ihr Betrieb in seiner Größe erhalten bleibt? 

Ad: Es werden ein paar Gaststätten schließen, neue Gaststätten kaum noch öffnen und so wird im Prinzip unser Betrieb da nicht mehr den Umfang haben, wie er jetzt besteht. 

Sd: Wir können nur hoffen, dass unsere Gaststätten erhalten bleiben, dass unsere Gastwirte so lange durchhalten, diesen Lockdown zu überstehen, weil wir hängen genauso an dieser Nabelschnur dran wie unsere Gastwirte. Wenn die Gaststätten aufgeben müssen, geben wir genauso auf. 

Das wäre aber schade. Damit es dazu nicht kommt, braucht es viel Ausdauer. Ist es Ihnen möglich, sich auf weitere Lockdowns vorzubereiten? 

Ad: Das kommt immer drauf an, wie es mit den Gaststätten weitergeht, weil das sind unsere Einnahmequellen. Wenn alles so weiterläuft von Lockdown zu Lockdown, dann ist das nicht in unserer Hand. Wenn die Gaststätten öffnen, sind wir sofort bereit. Die Automaten stehen ja noch in den Gaststätten und wenn der Betreiber von der Gaststätte sagt, dass er wieder aufmacht, dann sind wir sofort wieder im Geschäft. 

Sd: Es liegt einzig und allein daran, wann die Regierung sagt, dass wieder geöffnet werden darf, und so wie es aussieht, wird es das heute und morgen nicht werden.  

Ad: Aber wir reden mit den Inhabern der Gaststätten zum Beispiel über die Förderprogramme, die die Bundesregierung auflegt, und darüber, dass die das nutzen sollen, damit die dann auch dementsprechend die Förderungen kriegen.  

Ich denke, mehr können Sie da vorbereitend auch nicht tun. Dann komm ich aber schon zu meiner letzten Frage. Was halten Sie denn von den Corona-Maßnahmen? 

Sd: Es sind schon ganz viele Regelungen nach dem ersten Lockdown gewesen. Es ist ein riesen Hygienekonzept aufgesetzt worden, wo sich unsere ganzen Gaststätten und auch wir dran gehalten haben. Es ging damit los, dass man mit Maske in die Gaststätte kommt und sich an seinen Tisch gesetzt hat. Nur in dieser kurzen Zeit, wo man am Tisch was gegessen oder getrunken hat, ist die Maske runtergekommen. Das Schlimme daran ist bloß, dass diese ganzen Gastwirte nach dem ersten Lockdown so viel Geld in den Gaststätten investiert haben, um 2,50m Abstand zu bewahren. Sie haben Plexiglasscheiben aufgestellt, Heizpilze gekauft, damit die Leute im Winter auch draußen sitzen können, weil man lieber in der frischen Luft sein soll. Es ist so viel investiert worden, aber jetzt sind die Gasthäuser wieder zu und die Coronazahlen gehen auch nicht nach unten, auch nicht nach drei Wochen. 

Ad: Wir haben unser Bestes getan, um uns oder die Gaststätten vorzubereiten, aber es hat nichts gebracht. 

Sd: Maßnahmen gab es in den Gaststätten genug. Da ist auch nie jemand gekommen und hat sich diese Maßnahmen angeschaut. Das ist sehr traurig.  

Es sind ja nicht bloß die Gaststätten. Es sind so viele davon betroffen. Es sind die, die die Lebensmittel oder die Getränke an die Gastwirte verkaufen, oder wir mit unseren Automaten, die da drinstehen. Unsere Gaststätten haben auch DJs, die im Moment nichts machen können. Das ist so ein langer Schwanz und so viele Menschen, die da dranhängen. Manche leben nur von einer Gesellschaft, die ihren Geburtstag, ihre Hochzeit oder sowas in der Gaststätte feiern. 

Text: Daniel T. Interview geführt von: Daniel T. am: 15. November 2020 Bild: pixabay (Bru-nO)