„Fußball kann mehr“ – Vielfalt in deutschen Führungsetagen

Auf den ersten Blick scheint die aktuelle Situation in der Deutschen Fußball Liga (DFL) und im deutschen Fußball Bund (DFB) gar nicht mal so akut: Die Frauenquote in den Gremien des DFB liegt derzeit bei 30% und in der DFL bereits bei 41%. Allerdings fällt bei genauerer Betrachtung schnell auf, dass dort, wo die wichtigsten Entscheidungen getroffen werden, zu 90% Männer das Entscheidungsrecht haben, wie in dem Positionspapier „Fußball kann mehr“ und einem Beitrag von „zdfheute“ deutlich wird. 

Um dem Problem von mangelnder Vielfalt in deutschen Führungsetagen entgegenzuwirken, führte der FC St. Pauli als erster deutscher Profiverein 2021 eine Frauenquote von 30% in Aufsichtsrat, Präsidium, Ehrenrat und Wahlausschuss ein. In einem weiteren Schreiben wird das Präsidium aufgefordert, einen Plan zu erstellen, um den Frauenanteil bis 2025 auf bis zu 50% zu steigern.  

Der FC St. Pauli legt also vor, folgen nun auch weitere Fußballverbände?  

Laut einer Umfrage des Magazins „stern“ plant derzeit kein anderer Club aus der ersten und zweiten Bundesliga nachzuziehen. Die Gründe sind vielfältig. Der Erstligist RB Leipzig gibt beispielsweise an, dass es auch ohne Quote bereits einen Frauenanteil von 35% gebe, ebenso wie Borussia Mönchengladbach, die beteuern, ebenfalls ohne Quote vergleichsweise viele Frauen zu beschäftigen. Der SSV Jahn Regensburg hingegen ist davon überzeugt, dass die Besetzung nicht geschlechterabhängig erfolgen müsse, sondern die Kompetenzen entscheiden sollten. 

Anders sehen das Almuth Schult (Profi-Fußballerin vom VFL Wolfsburg und Nationalspielerin), Katja Kraus (ehemalige Torhüterin und Funktionärin) und sieben weitere namhafte Frauen. In ihrem Positionspapier „Fußball kann mehr“ wollen die Aktivistinnen mit ihrer Initiative auf die Missstände aufmerksam machen, in denen sich der deutsche Fußball momentan befindet. Ihrer Ansicht nach dient der Fußball auf vielen verschiedenen Ebenen als Vorbild für die Gesellschaft. Anders als in anderen Berufsgruppen, wie zum Beispiel der Politik oder Wirtschaft, wird im Fußball das Fehlen von Frauen allerdings deutlich seltener thematisiert. Das wollen die Initiatorinnen ändern, indem sie Gleichheit, Geschlechtergerechtigkeit, Unterstützung und Anerkennung von Frauen im Berufsfeld Fußball fordern. Daher ist es notwendig, die Maßnahmen konsequent durchzusetzen. Auf diesem Weg kann der Gesellschaft ein modernes Bild des Fußballs vermittelt werden, denn nur so sei der Fußball zukunftsfähig und könne die Missstände beseitigen. 

Konkret bedeutet das: Eine Frauenquote von 30% in Führungspositionen und Aufsichtsräten sowie in Vorständen und Geschäftsführungen in den Profi-Ligen bis 2024. Ferner fordern die Gründerinnen die Gleichstellung von Männern und Frauen in der zweiten Führungsebene bei Verbänden und Clubs. Dabei legen die Aktivistinnen auf einen Frauenanteil von bis zu 50% Wert. Außerdem wollen sie bewusste Programme stärken und unterstützen, die für Chancengleichheit sorgen sollen, wie zum Beispiel der Erwerb einer TrainerInnenlizenz oder Managementprogramme. Da außerdem der Gender-Pay-Gap, also der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern, in kaum einem Berufsfeld größer ist, als im Fußball, fordern sie gleiche Bezahlung für gleiche Tätigkeiten auf jeder Ebene. Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen und vor allem  diskriminierungsfreie Sprache und die damit einhergehende Sanktionierung von jeder Form von Sexismus und Diskriminierung auch außerhalb des Platzes seien unverzichtbar. 

Besonders in den sozialen Medien bekamen die Aktivistinnen viel Zuspruch  von aktiven und ehemaligen Fußballerinnen, aber auch außerhalb, in der Presse beispielsweise, führt das Thema Vielfalt zu immer mehr Bewusstsein. Daher steht vor allem die Wahl des neuen DFB-Präsidiums im März 2022 unter strenger Beobachtung. In der ZDF-Dokumentation „Fußball-Frauen – Zeit für die Offensive“ plädiert die Initiative für eine Doppelspitze: Es ist „hinlänglich bewiesen durch Studien, dass gemischt geschlechtliche Teams bessere Ergebnisse erzielen“ so Katja Kraus. Ob es schlussendlich tatsächlich zur geforderten Doppelspitze kommt, bleibt jedoch abzuwarten. 

Falls ihr noch mehr über das Thema wissen wollt, schaut euch gerne die Dokumentation „Fußball-Frauen – Zeit für die Offensive“ unter folgendem Link an:  

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-fussball-frauen-maennerdomaene-sportverbaende-100.html