Der Gentleman-Bankräuber
Geschichten von Räubern und Gendarmen haben schon immer viel Aufmerksamkeit bekommen. Es gibt unzählige Filme und Serien, die sich mit Kriminalfällen beschäftigen und gut ankamen. Doch ein maskierter Gentleman, der die Bank überfällt? Kann man sich das so vorstellen, dass man Überweisungsformulare ausfüllt und zeitgleich neben einem der Überfall stattfindet? Reiner Laux, der Gentleman der Geschichte, erzählt in Interviews und seinen Büchern genau über diese Situation, steckt jedoch nicht in der Rolle des Überweisungsformular-Ausfüllers.
Wie kam es zum ersten Banküberfall?
Reiner Laux hat von 1985 bis 1995 insgesamt 13 Banken mehrfach überfallen. Der ursprüngliche Grund für seinen ersten Überfall waren Schulden, die in seiner Wohngemeinschaft entstanden waren. Die WG hatte einen Studenten aufgenommen, der über 10 Monate seine Miete sowie seine Telefonrechnung nicht bezahlte. Plötzlich verschwand der Mitbewohner und Laux, der Verantwortung für das WG-Konto trug, hatte nur eine Woche Zeit, die 7000 DM Schulden zu zahlen.
Anfangs versuchte er, auf legalem Wege an das Geld zu kommen. Nach dem Scheitern beschoss er spontan, eine Bank zu überfallen. Das wichtigste für Laux war, schnell, konzentriert, ruhig und fokussiert zu handeln und dabei höflich zu bleiben. Seiner eigenen Aussage nach habe er sogar einmal bei einem Überfall einem älteren Herrn, der nichts vom Geschehen mitbekommen hatte, geholfen, das richtige Überweisungsformular auszufüllen.
Wie ist Laux vorgegangen?
Einen Plan habe er bei dem ersten Überfall aufgrund der Spontanität nicht gehabt, doch im Nachhinein habe er die Fehler einiger anderer Bankräuber analysiert und aus den Fehlern dieser gelernt. Reiner Laux sagt in einem Interview, dass er bestimmte Regeln befolgt habe: Erst einmal sei es sehr wichtig gewesen, so wenig Mittel wie möglich dabei zu haben. Er habe versucht, eine positive Figur zu entwickeln, indem er höflich und freundlich geblieben sei. Des Weiteren habe er es nicht riskiert, länger als 40 Sekunden in einer Bank zu bleiben. Nach einem Überfall habe er direkt danach mit dem Thema abgeschlossen und sein Aussehen verändert. Er zog andere Sachen an und stieg wie viele andere Studenten in die Bahn.
Doch wieso hörte er nicht auf, nachdem er seine Schulden bezahlt hatte?
Der Gentleman-Bankräuber erklärt, dass der Diebstahl von Wohlhabenden für ihn damals moralisch vertretbarer gewesen sei. Seiner Aussage nach sei die Ungerechtigkeit, die er bekämpfen wolle, durch Gesetze entstanden. Nach jedem Überfall habe er Teile seiner Beute direkt bei einer anderen Filiale einer überfallenen Bank eingezahlt, um gegen die Machenschaften der Banken zu protestieren. Einen Teil habe er an soziale Organisationen gespendet, einige seiner Freunde unterstützt und er sei auch mehr gereist.
Andere Motive für einen Überfall seien die Gefühle gewesen. Laux habe das Empfinden des Adrenalins im Körper gemocht, besonders das Gefühl der Freiheit in dem Moment. Er habe nach einigen Überfällen das Risiko erhöht und sich herausgefordert, um den Kitzel zu erhöhen.
Gescheitert wegen großer Liebe?
Seine große Liebe sollte das Ende seiner Karriere als Bankräuber einläuten. Allerdings hatte die Polizei bereits eineinhalb Jahre ein Auge auf Laux. In Portugal wurde er 1995 schließlich geschnappt und wanderte für 8,5 Jahre hinter Gitter. Verraten hatte ihn seine Geliebte.
Was macht Laux jetzt?
Heute ist von den 1,5 Millionen DM nichts mehr übrig. Reiner Laux, der seit 2003 wieder frei ist, führt seinen Kampf gegen die Banken auf legale Art und Weise fort: Er arbeitet beim Dachverband der Kritischen Aktionäre mit. Zudem veröffentlichte er zwei Bücher, in denen er die Geschichte seiner Banküberfälle und des freiheitlichen Lebens in Portugal erzählt.
-Quellen-
Https://www.sueddeutsche.de/panorama/portraet-eines-bankraeubers-sorry-ueberfall-1.2199368