Bürgermeister für die Jugend? – Ein Interview mit Dr. Ingo Meyer

Anlässlich seiner erneuten Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Hildesheim, interviewten Lotta Paetzold und Moritz Pauer Dr. Meyer zu seinen politischen Plänen für die Jugend. Im Mittelpunkt standen unter anderem die von der Pandemie betroffene Kulturbranche und der Klimaschutz. Aber auch Kooperationen mit Jugendparteien und seine Wahrnehmungen und Berührungspunkte mit der Politik in seiner Jugend spielten eine Rolle.

Ein wichtiges Thema für die Jugend ist natürlich der Klimawandel. Laut Dr. Meyer beschäftige sich Hildesheim schon lange mit dem Thema und habe unter anderem in Schulen durch den Austausch von Fenstern und Dächern bereits Einfluss genommen. Damit Hildesheim möglichst schnell klimaneutral wird, „werden wir noch besser werden müssen und wollen unseren Beitrag dazu leisten“, so Meyer.
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei vor allem das kürzlich zusammengestellte Energieteam, in dem Mitarbeitende aus dem Rathaus und aus den Tochtergesellschaften, wie beispielsweise den Stadtwerken, kooperieren, um entsprechende Klimaschutzziele schnellstmöglich zu erreichen. Ebenfalls im Team sei die kürzlich eingestellte Klimaschutzmanagerin, die entsprechende Prozesse und Vorhaben kontrolliere und weiterentwickle.
Außerdem beteilige sich Hildesheim als eine von elf Kommunen in Niedersachsen am „European Energy Award“ (kurz EEA), der europaweit den Klimaschutz voranbringen soll. Dr. Meyer gehe es jedoch nicht wirklich um den Gewinn des Preises: „Der Weg dorthin ist das Entscheidende“. Man will also schnell große Erfolge erzielen und diese messbar machen, um herauszufinden, wo man etwas erreichen kann. Konkret heißt das für die Stadt Hildesheim, dass Radwege weiter ausgebaut werden sollen und auch der ÖPNV gestärkt wird.
Gleichzeitig betont der Oberbürgermeister allerdings auch, dass die Kommunen von den Rahmenbedingungen der Regierung und der Europäischen Union abhängig und somit auch auf entsprechende finanzielle Unterstützung angewiesen seien.

Vor allem die Kulturbranche hat unter der Coronapandemie gelitten und auch hier in Hildesheim ist dies zu spüren. Neben dem allgemeinen Förderprogramm für die Wirtschaft weist Dr. Meyer auf ein speziell für Kulturschaffende und Soloakteure entwickeltes Programm hin, welches in Hildesheim auch die Künstler selbst unterstützen werde.
Doch man habe auch schon die Jahre zuvor einige Erfolge erzielen können. Trotz des Zukunftsvertrages konnten die Mittel für freiwillige Leistungen um 500.000 Euro jährlich erhöht werden. Hiervon profitiert vor allem der Kulturbereich. Für die kommende Amtszeit sei geplant, weiter an das anzuknüpfen, was für die Bewerbung für die Kulturhauptstadt Europas 2025 schon erarbeitet wurde. Dazu gehöre weiter, den Kulturentwicklungsplan umzusetzen, mehr Fördergelder und Fördermittelberatung anzubieten, um auch kleinere Teile der Kulturbranche unterstützen zu können, auch wenn laut dem OB hier anzumerken sei, dass man schlicht nicht in der Lage sei, alle unter einen Hut zu kriegen.
Außerdem sei die Eröffnung eines Cultural Hubs am Angulemplatz geplant, welcher, ähnlich wie die Leerräume in der Innenstadt, den Kulturschaffenden Platz bieten soll, um Ideen zu verwirklichen, sich zu vernetzen und zu professionalisieren.

Für die Jahre 2022/23 plant niedersächsische Landesregierung Sparmaßnahmen, unter anderem auch in der Kulturbranche. Diese würden vermutlich vor allem das Theaterhaus und das TfN in Hildesheim stark betreffen. Der Bürgermeister verstehe sehr wohl, dass einerseits finanzielle Einbrüche zu verzeichnen seien und man daher an manchen Ecken kürzer treten müsse, kritisierte andererseits aber ganz deutlich die Sparmaßnahmen im Kulturbereich: „Wir finden es nicht gut, dass der Rotstift gerade auch in der Kulturszene angesetzt wird“, so Meyer. Daher fordert er vom Land Niedersachsen mehr Kontinuität, auch im Sinne der eigentlich gemeinsam geplanten Tarifsteigerungen bei den Theaterhäusern. Zwar zeige die Politik Wille und Einsatz für die Tarifsteigerung ab 2023, dem Oberbürgermeister reiche dies aber nicht, denn „man sollte die gesamte Steigerung abdecken und nicht erst ab 2023“.

Besonders im Jahre 2021 ist die Jugend interessierter an Politik denn je. Nicht nur „Fridays for Future“, sondern auch Jugendparteien geben den Jugendlichen die Chance, sich politisch zu beteiligen. Dr Meyer sieht zwar eine positive Entwicklung durch eine Verjüngung im Bundestag, jedoch sei die Jugend immer noch zu wenig in der Politik vertreten. Genau deswegen seien Jugendparteien heutzutage sehr wichtig. Des Weiteren habe er Schulklassen vor der Corona Pandemie immer wieder angeboten, sie gerne für eine Schulstunde zu besuchen und sich die Meinungen und Interessen der Kinder und Jugendlichen anzuhören und mit ihnen zu diskutieren. Leider sei dies gerade durch die Pandemie schwer möglich, doch man setze sich auch z.B über das Jugendforum mit den Interessen der Jugendlichen auseinander. Zwar sei man nicht in der Lage, jeden Wunsch zu erfüllen, doch es wäre trotzdem gut, die Interessen der Jugendlichen zu kennen und ernst zu nehmen.

Die Jugend von Meyer liegt zwar schon ein paar Jahre zurück, dennoch gab es natürlich auch zu seiner Zeit politische Entscheidungen, mit denen er einverstanden war und andere, die er nicht nachvollziehen konnte. Das sei ja heute auch nicht anders, wie z.B mit der Coronapolitik der Landes- und Bundesregierung. Damals wären besonders der Natodoppelbeschluss und der Mauerfall ein großes Thema gewesen. Dabei seien für ihn weniger die Grundentscheidungen selbst, sondern die erschaffenen Rahmenbedingungen problematisch gewesen. Insgesamt habe es viele Fehlentscheidungen gegeben, doch keine habe ihn in seiner Jugendzeit wirklich betroffen.

Text: Moritz P., Lotta P.; 1 Bild: Pixarbay, 2. Bild Pressestelle des Rathauses