VW schon wieder verantwortungslos?

Mithilfe von Insiderinformation, die Uwe Camel in einem Interview mit mir preisgibt, gehe ich der Frage nach, wie sich Volkswagen in der derzeitigen Pandemie verhält und welche Maßnahme gegen Corona eingeleitet worden sind.

J.K.: In welchem Bereich arbeiten Sie bei Volkswagen?

U.C.: Ich bin in der Logistik tätig. Hier werden Fahrzeuge von der Produktion verladen und in bestimmte Bundesländern oder ins Ausland gebracht.

J.K.: Wie sah Ihr Arbeitsalltag vor den Corona-Maßnahmen aus?

U.C.: Vor den Corona-Maßnahmen konnten wir zu normalen Zeiten unsere Arbeit aufnehmen.

Was hat sich in Ihrem Arbeitsalltag konkret durch die Corona-Maßnahmen verändert?

U.C.: Personen mit bestimmten Einschränkungen mussten Zuhause bleiben. Nach einem Vierteljahr konnte ich meine Arbeit normal aufnehmen, aber mit weniger Leuten und mit Abständen in den Bereichen. Um sich nicht oft zu begegnen wurden zusätzlich die Kantinen geschlossen und die Mitarbeiter kamen zeitverzögert zur Arbeit. Hygiene-Maßnahmen wurden auch in diesem Zeitraum getätigt, um die Leute gegenseitig zu schützen. Zum Beispiel mit Hilfe von Plexiglasschreiben oder auch Masken.

J.K.: Inwiefern erachten Sie denn diese Maßnahmen alssinnvoll?

U.C.: Also sinnvoll sind die Hygiene-Maßnahmen. Man hätte die Leute länger Zuhause lassen sollen, um genau zu klären, dass niemand was hat. Das ist nicht geschehen.

J.K.: Das heißt, es wird sehr inkonsequent gehandelt, beziehungsweise vielleicht sogar erst dann gehandelt, wenn es vielleicht auch schon zu spät ist?

U.C.: Korrekt.

J.K.: Kommen Sie persönlich mit diesen Maßnahmen zurecht? Haben diese für Sie zu irgendeinem Zeitpunkt ein Problem dargestellt?

U.C.: Überhaupt nicht, im Gegenteil. Ich mache es nach wie vorauch im privaten Bereich, Abstand zu halten, die Maske ist nach wie vor dabei, um auch Dritte, falls was sein sollte, nicht zu infizieren.

J.K.: Glauben Sie, dass alle erdenklichen Maßnahmen von VW ergriffen werden, beziehungsweise ergriffen worden sind, um das Wohl der Mitarbeiter zu schützen?

U.C.: Der Konzern tut alles. Die Kollegen mussten dafür unterschreiben, dass sie die Maßnahmen einhalten. Dass sie die Hygiene-Maßnahmen, also die kompletten Hygiene-Maßnahmen einhalten, mit Maske, Hygiene überhaupt, mit Hände waschen, Kontakt meiden und früh genug melden, wenn irgendwelche Symptome zu erkennen sind. Da es ja ein großer Konzern ist und Dritte bei Umbau-Maßnahmen aus fernen Ländern kommen, also aus der EU, wo die Infizierten en masse auftauchen, weiß niemand, ob die Fahrzeuge richtig ausgelüftet worden sind, damit die Aerosole gar nicht erst auftauchen. Da gibt es keine Gewähr. Selbst diese dritten Personen sind darauf hingewiesen worden, eine Maske zu tragen, hygienemäßig alles zu machen. Dafür ist in der Fabrik, oder überhaupt bei Volkswagen, Leute angestellt worden, die darauf achten, vorwiegend auch auf den Werkschutz drauf-achtend, dass diese Maßnahmen auch eingehalten werden. Ob das auch immer stattfindet, kann ich nicht sagen.

J.K.: Sind Sie der Meinung, dass hier alle Maßnahmen eventuell zu spät ergriffen werden?

U.C.: Es hat sich halt ergeben, dass es soweit gekommen ist, dass es mehr geworden ist, durch Dritte, die meinen, es liege nicht an dem und da ist das Problem, dass es da schon massenhaft verteilt worden ist. Man konnte gar nicht mehr machen bis jetzt. Man hat die Maßnahmen eingehalten. Wenn Dritte diese nicht einhalten und sich immer noch per Handschlag begrüßen oder anders, dann ist das fahrlässig und das ist auch hier teilweise passiert.

J.K.: Also geben Sie nicht VW konkret die Schuld, sondern ist es die Schuld Aller?

U.C.: Einer von Wenigen, die privat ihre Partys feiern, die sich privat treffen. Die sich daran gehalten haben, einzeln in den Laden zu gehen, haben ihre Verträge erfüllt, die ihre Maske getragen haben. Dritte, die in der Straßenbahn sitzen und keine Maske getragen haben, verteilen es. Oder sie geben sich weiterhin ihre Hand und begrüßen sich in ihrer Landessitte. Und verzichten auf ihre Maske, auch beim Rein-und Rausgehen, dann ist das fahrlässig. Fahrlässig gegenüber anderen, die sich daran halten. Es sind Wenige, die es weitergetragen haben. Die Ignoranz ist teilweise sehr hoch.

J.K.: Ein großes Problem ist natürlich diese Differenzierung der Maßnahmen zwischen Privatleben und auch beruflich.

U.C.: Während der Arbeitszeit ist die Maske getragen worden, nach der Arbeit hat man sich privat in den Familien getroffen, mit den Kindern und schon ist es verteilt worden. Solche Fälle kenne ich. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

J.K.: Was könnten Ihrer Meinung nach noch verbessert werden, um das Wohl der Mitarbeiter zu schützen?

U.C.: Man kann sich weiterhin nur daran halten, was einem vorgegeben ist. Maske, Hygiene, Abstand, Dritten nicht zu begegnen und im privaten Bereich nur das Notwendige machen und das auch mit Abstand. Eventuell vielleicht nochmal ein, zwei Tage etwas schließen, wo die Infektionszahlen gestiegen sind. Aber ein großes Rezept kann ich nicht nennen.

J.K.: Das heißt, Ihnen ist es auch vor allem wichtig, dass sich nicht nur im beruflichem Bereich an die Maßnahmen gehalten wird, sondern vor allem auch im privaten Bereich.

U.C.: Genau.


Zur Person: Uwe Camel ist 61 Jahre alt. Nach seiner Ausbildung zum Schlachter und seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr fing er im Alter von 30 Jahren bei VW an, wo er nun seit über 30 Jahren tätig ist.

Text: Jannes Kracke; Bild von renehesse auf Pixabay; Interview geführt am 23.11.2020