Pyrotechnik im Fußballstadion

Das Spiel mit dem Feuer oder Ausdruck einer langjährigen Tradition?

Fast jeder kennt die allwöchentlichen Bilder aus deutschen Fußballstadien: In den Fankurven werden bunte Bengalos, zumeist in den Vereinsfarben, gezündet und ein gewaltiges Spektakel wird gezeigt. Dies gehört zum Fan-Sein dazu, zur Party im Stadion, zur Identifikation mit der Gemeinschaft. Man ist dabei, man fühlt und erlebt es und ist Teil einer Fankultur. Zumeist ertönt gleich darauf die Stimme des Stadionsprechers, das Zünden von Feuerwerkskörpern einzustellen, da ansonsten ein Spielabbruch droht.

Ja, das Zünden von Pyrotechnik im Stadion ist verboten und nimmt trotzdem immer weiter zu. Unter großen Blockfahnen zieht man sich zwischen lauter gleichgekleideten Besuchern die Sturmhaube auf, zündet seine Bengalo und zieht sich anschließend wieder im Schutz der Fahne um. Die Vereine der zündenden Fans werden im Anschluss von DFB und DFL zu großen Kollektivstrafen verurteilt, während einzelne Fans, sollten sie tatsächlich einmal identifiziert werden, nach Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrecht verurteilt werden.

Das Zünden von Pyrotechnik wird zusehend kriminalisiert. Viele haben dabei nur die möglichen Gefahren im Blick, wie Brandgefahren, Hörschäden, Verbrennung und potenzielle Verletzungen durch unsachgemäßen Gebrauch. Hierbei wird jedoch vergessen, dass es sich nicht um ein neuzeitliches Problem handelt, sondern dass eine langjährige Tradition dahintersteckt, die lange Zeit von den Vereinen unterstützt wurde und gewünscht war. Bereits 1960 wurden im Frankfurter Waldstadion Raketen abgeschossen und 1967 kam es aufgrund von Nebeltöpfen zu einer Spielunterbrechung bei einem Europapokalspiel zwischen Bayern München und dem portugiesischen Verein Vitoria Setubal.

Der Beginn dessen, was man heute unter „Pyro“ versteht, lässt sich sogar genau datieren, nämlich auf den 2. August 1985, als auf dem Kaiserslauterner Betzenberg das Ablösespiel für den nach Italien gewechselten Hans-Peter Briegel ausgetragen wurde. Hier kamen erstmals auch farbige Bengalos zum Einsatz, zum größten Teil aus Italien eingeführt. Aus dieser Zeit stammt auch der Ausspruch „Der Betze brennt“ mit dem der 1. FC Kaiserslautern lange Zeit selbst Werbung gemacht hat.

Seit dieser Zeit qualmt und brennt es in deutschen Fußballstadien, mit der Novellierung des Pyrotechnikgesetzes 2009 wurden jedoch Feuerwerk und Leuchtfackeln im Fußball verboten, wie wir wissen, bisher erfolglos.

Während im deutschen Fußball rigoros versucht wird, die Pyrotechnik zu verbannen, wird sie in anderen europäischen Ländern, trotz ebenfalls bestehenden Verbotes, zumindest geduldet.

Andere Länder gehen noch andere Wege, so kommt zum Beispiel in Dänemark sogenannte „kalte Pyrotechnik“ eingesetzt, deren Hitzeentwicklung beim Zünden vermindert ist. In den USA wurden in den Stadien sogenannte Pyrozonen eingerichtet, um das europäische Stadionfeeling in die USA zu holen.

Auch der ehemalige niedersächsische Innenminister Boris Pistorius sprach sich für die Einrichtung von kontrollieren Pyrozonen aus, konnte sich jedoch nicht durchsetzen.

Klar ist, dass das Verbot von Pyrotechnik bisher nichts gebracht hat und wahrscheinlich auch in Zukunft nichts bringen wird. Die von der Pyrotechnik ausgehende Gefahr wird durch das Verbot jedoch insoweit erhöht, dass das Zünden im Verborgenen geschehen muss und somit mögliche Gefahren von Außenstehenden erst spät erkannt werden können, auch wenn die zündenden Personen oftmals klare Anweisungen an die in ihrer Nähe Stehenden ausgeben, um diese zu schützen.

Um ein sicheres Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass sich Politik, Vereine und Fans konstruktiv zusammensetzen und mögliche Lösungen erörtern, da ein totaler Verzicht auf Pyrotechnik im Fußballstadion wohl auch in ferner Zukunft nicht durchsetzbar ist. Bereits eine Dekriminalisierung von Pyrotechnik könnte zu einer Entschärfung der Gefahrenlage beitragen und die Tradition der Pyrotechnik im Stadion aufrechterhalten. Kurios ist in diesem Zusammenhang übrigens, dass z.B. beim Skispringen ebenfalls Pyrotechnik zum Einsatz kommt, ohne dass sich jemand daran stört und dieses zur Anzeige bringt.