California Dreaming

Ein Erfahrungsbericht von Julia Hemp

Mitten in den Sommerferien 2019 begann mein USA-Abenteuer. Für 10 Monate sollte es ins sonnige Kalifornien, 20 Minuten von Sacramento entfernt, mit Höchsttemperaturen im Sommer von 43 Grad gehen. Strand, Sonne, Surfen, Palmen – so stellte ich es mir vor.

Am 07.08.19 gegen 4 Uhr nachts klingelte der Wecker. Mit meiner Familie und besten Freundin ging es nach Hannover zum Flughafen, wobei mein Magen die ganze Fahrt schon verrücktspielte. Wie würde es wohl werden: Würde ich mich gut an das amerikanische Leben anpassen? Und, am wichtigsten, würde ich auch Freunde finden?

So fühlte wohl nicht nur ich mich am Tag meines Abfluges, sondern auch viele andere Austauschschüler. Die ersten Tage und Wochen waren sehr aufregend, alles war neu und ich habe so viele Dinge gelernt. Nicht nur ganz andere Wörter und Ausdrücke, als man aus dem Englischunterricht kannte, sondern auch Eigenarten dieser neuen Kultur. Anfangs kam mir alles so groß vor, die Geschäfte (Target, Walmart, usw.), meine High School, aber vor allem das Essen. Jedes Mal, wenn ich eine Portion Essen bestellte, hatte ich Mühe, sie überhaupt zur Hälfe zu schaffen.

Irgendwann war dann auch der erste High School Tag an der „Del Campo High School“ da. Ich war ein Junior, was dem 11. Jahrgang entspricht. Es war nervenaufreibend an eine neue Schule zu gehen, aber die Lehrerinnen und Lehrer, als auch die Schülerinnen und Schüler waren sehr geduldig mit mir und haben mir viel geholfen. Das Schulsystem war ganz anders als das deutsche. Ich durfte pro Halbjahr vier Kurse wählen, die ich dann jeden Tag besuchte. Dabei konnte ich die verschiedenen Kurse auch auf verschiedenen Schwierigkeitsniveaus wählen. Zudem habe ich Kurse belegt, die es in Deutschland gar nicht gibt, wie zum Beispiel Schauspiel und Soziologie. Das hat mir sehr gut gefallen!

Besonders der Sport wird an amerikanischen High Schools sehr großgeschrieben. Man kann nach Schulschluss seine sportlichen Tätigkeiten in der Schule ausüben, das gehört dort einfach so zur Schule dazu. So habe ich im Herbst Cross Country belegt, eine Sportart, bei der man durch offenes Gelände läuft und auch an Wettbewerben teilnehmen kann. Ich muss sagen, dass ich das sehr anstrengend fand, weil wir jeden Tag bei praller Sonne (und 40 Grad Celsius) für zwei Stunden durch Ortschaften gerannt sind und ich, auch wenn ich aktiv Fußball spiele, das nicht gewohnt war. Im Winter fing dann Fußball an. Dafür musste ich sogar eine Woche Auswahltraining absolvieren, um ins Team aufgenommen zu werde. Ich schaffte es sogar in das Varsity Team. Das ist die Mannschaft für die besseren Spielerinnen. Normalerweise bedeutet das auch, dass man an einem sehr viel intensiveren und strengeren Training teilnimmt, weil in diesem Team erwartet wird, dass man die Liga gewinnen will.

Ich habe viele Sportevents der Schule besucht: Ich war bei zahlreichen Baseball, Basketball und American Football Spielen und habe die Teams meiner Schule angefeuert.

Eines muss ich unbedingt noch erzählen: Zu besonderen Anlässen gibt es während der Schulzeit eine Rally. Das ist eine riesige Veranstaltung, bei der sich alle Schüler und Lehrer in der Basketballhalle versammeln. Die verschiedenen Jahrgänge treten in Spielen gegeneinander an und versuchen, sich die ganze Zeit im Brüllen zu übertönen. Einmal wurde ich sogar mit meiner Fußballmannschaft aufgerufen und alle haben uns zugejubelt, als wir durch die Halle laufen durften. Da war ich so stolz wie noch nie.

Auch wenn die positiven Erlebnisse in meinem Auslandsjahr überwogen haben, gab es auch schwierige Momente. Leider habe ich mich nach einer gewissen Zeit bei meiner Gastfamilie nicht mehr wohl gefühlt. Daher haben wir alle zusammen beschlossen, dass es besser wäre, wenn ich wechseln würde. Es folgten Wochen, in denen meine Stimmung eher gedämpft war und es war schwierig, das alles selbst, ohne die eigenen Eltern, die ja in Deutschland waren, zu regeln. Dann erklärte sich ganz überraschend die Familie einer meiner Fußballteamkolleginnen bereit, mich aufzunehmen. Und so kam ich zu meiner zweiten Gastfamilie, die nicht nur meine „Gastfamilie“ war, sondern meine zweite „richtige“ Familie. Ich teilte mir sogar ein Zimmer mit meiner gleichaltrigen Gastschwester- mit Savannah. Das war eine der schönsten Sachen in meinem Leben, weil immer jemand da war und sie ganz schnell zu meiner besten Freundin und Schwester wurde. Auch jetzt noch stehe ich mit der ganzen Familie in engem Kontakt und wir versuchen, uns so schnell wie möglich wiederzusehen.

Während der gesamten Zeit habe ich viel gelernt und mich deutlich weiterentwickelt. Ich spreche jetzt Englisch fast so fließend, wie ich Deutsch spreche. Ich habe mich acht Monate lang ohne meine Eltern zurechtgefunden und alles selbst organisiert und bin dadurch sehr selbstständig geworden. Außerdem sehe ich das deutsche Leben inzwischen aus einer ganz anderen Perspektive und hinterfrage es mehr, weil ich auch schon eine andere Lebensweise kennenlernen durfte. Dies sind nur einige Dinge, es gibt noch so viel mehr.

Deshalb würde ich auch jedem, der darüber nachdenkt, ein Auslandsjahr empfehlen. Die Dinge, die man währenddessen erleben darf und kann, sind einmalig und in Kalifornien werde ich immer eine zweite Heimat haben. Wer Interesse hat oder Unterstützung braucht, weil er auch überlegt, ins Ausland zu gehen, kann sich gerne jederzeit an mich wenden.

Text und Fotos: Julia H.