Des Deutschen liebstes Hobby

In vielerlei Hinsicht stellte das Jahr 2020 die globalisierte Welt vor bisher unbekannte Herausforderungen. Noch nie zuvor seit dem zweiten Weltkrieg bestimmte eine humanitäre Krise das Leben so maßgeblich wie die Corona-Pandemie. Masken tragen. Hygieneregel befolgen. Abstand halten. All das ist mittlerweile Alltag. Im Gegensatz dazu steht aktuell noch der Verzicht auf gemeinsame Treffen mit Freunden und Verwandten sowie vor allem der Verzicht auf das Reisen. 

Weltweit bekannt als eine der reiselustigsten Nationen war es ein nahezu unerträgliches Jahr für die berüchtigten Eroberer der Urlaubsorte auf der ganzen Welt – die Rede ist von den Deutschen. Volle Flughäfen, überfüllte Autobahnen und rappelvolle Strände suchte man 2020 vergeblich. Eigentlich paradiesische Bedingen für Touristen aus aller Welt. Wäre da nicht das lästige Virus, welches alle zu Distanz und Quarantäne verdonnerte.

Heutzutage heißt es bei jeder Möglichkeit: Weg von zu Hause und raus aus dem Alltag! „Ab in den Urlaub“ ist das Motto vieler Deutscher, wenn es darum geht, die Schulferien „sinnvoll“ zu nutzen. Sei es der Strandurlaub am Ballermann auf Mallorca oder die Wintersportaction mit anschließendem Aprés-Ski in Ischgl. Die Welt erkunden, feiern und für den Urlaub leben, eine mittlerweile weitverbreitete Kultur.

Doch nicht nur die abenteuerlustigen Touristen leiden schwer unter den Reisewarnungen und eingeschränkten Transportmöglichkeiten. Zumal der Tourismus in vielen Regionen der Welt mittlerweile die zentrale Einnahmequelle darstellt, ist die Krise auch eine Herausforderung für viele Hoteliers und Restaurantbesitzer. Pleiten, Arbeitslosigkeit und Armut sind meist die Folge vom Ausbleiben der Touristenmassen in Urlaubsorten. Selbst so unantastbar wirkende, weltweit vertretene Transport- und Reisekonzerne, wie die Lufthansa und die TUI, stecken zur Zeit in finanzieller Not. Zum Glück sorgen die Steuerzahler mit ihren Milliarden freiwillig für Unterstützung.

Doch kann man der aktuellen Lage auch etwas Gutes abgewinnen? Dies liegt dann wohl eher im Auge des Betrachtetes. Es steht fest, dass die Umwelt der größte Profiteur der häufig verhängten Lockdowns ist. Weniger unterwegs sein und mehr Zeit in der Heimat verbringen – die Umwelt dankt es uns gewiss. Doch den autoaffinen SUV-Fahrer mit Benzin im Blut und einer Schwäche für unbegrenzte Autobahnen dürfte das wohl weniger interessieren.

Trotz aller Widrigkeiten sollte man die aktuelle Situation weniger als lästig und umso mehr als Chance verstehen. Das vergangene Jahr hat einmal wieder verdeutlicht, dass die Menschen und ihre hochentwickelte Gesellschaft machtlos sind, wenn es zu einer internationalen Krise kommt. Ob dies ein Denkanstoß sein mag, sich auf Wesentliches zu beschränken und seine eigenen Reisegewohnheiten zu überdenken, bleibt abzuwarten. Langfristig nachhaltiger Reisen sollte jedoch die Devise für die Zukunft sein. Inwiefern dies der Realität entspricht, wird sich zeigen, wenn es durch die kürzlich gestartete Impfkampagne zur Überwindung der Krise kommen sollte.

Text: Laurent H.; Bild: ???