Der Bundestag – Warum hat die AfD keinen Vizepräsidenten?  

Politik ist umstritten. Die einen sind politisch aktiv, die anderen eher passiv oder interessieren sich gar nicht für Politik. Letztes Jahr, also 2021, war Bundestagswahl. Der Bundestag ist das nationale Parlament, das alle Bürger und Bürgerinnen ab 18 Jahren wählen können. Insgesamt werden mindestens 598 Personen gewählt, die das gesamte Volk repräsentieren. Im Bundestag gibt es ein besonderes Amt, den „Chef des Parlaments“. Das ist der Bundestagspräsident oder die Bundestagspräsidentin. Er oder sie wird aus den 598 Mandatsträger  gewählt und leitet die Sitzungen des Bundestags. Jede Fraktion, sprich eine Gruppierung bestimmter Abgeordneter, hat das Recht, einen Vizepräsident*in zu nennen, der sich dann zur Wahl stellen kann. In der Regel wird der Kandidat anschließend vom Bundestag gewählt, aber das ist nicht immer so. Die Alternative für Deutschland (kurz: AfD) stellt z.B. keinen Vizepräsidenten für das Bundestagspräsidium, obwohl sie eine Fraktion im Bundestag ist.  Aber warum ist das so?  

Ein neuer Bundestag wird gewählt. Am 26.September 2021 war es soweit. Alle wahlberechtigten, deutschen Staatsbürger ab 18 Jahren durften ihre Vertreter in den Bundestag wählen. Dabei wurde die SPD die stärkste Fraktion, der insgesamt sechs vertretenen Fraktionen. Die stärkste Fraktion stellt traditionell den Bundestagspräsidenten, auch wenn es dazu keine gesetzlichen Bestimmungen gibt.  Zu dieser Wahl kam es genau einen Monat später, am 26.Oktober 2021. Die erste Sitzung des Bundestags lief damals besonders ab. Zu diesem Augenblick galten 3G-Regeln, manche Abgeordnete der AfD-Fraktion weigerten sich, einen entsprechenden Nachweis zu erbringen. Daher durften sie nicht in den Plenarsaal, sondern mussten auf der Besuchertribüne ihren Platz einnehmen.  

Die Wahl der Bundestagspräsidentin lief dann aber unproblematisch ab. Die Kandidatin der SPD-Fraktion, Bärbel Bas, wurde dabei mit großer Mehrheit von 576 Ja-Stimmen zur Präsidentin des 20. Deutschen Bundestags gewählt. Da bei der Abwesenheit der Bundestagspräsidentin die Sitzung trotzdem geleitet werden muss, wählt der Bundestag sechs Stellvertreter*innen, auch Bundestagsvizepräsident*innen genannt. Als gewählt gilt man, wenn man „die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält“ (Paragraph 2, Satz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GoDB)). Zur Wahl standen Aydan Özoguz von der SPD, Yvonne Magwas von der CDU, Claudia Roth von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfgang Kubicki von der FDP, Petra Pau von den Linken sowie Michael Kaufmann von der AfD. Alle Kandidaten wurden gewählt, außer Michael Kaufmann von der AfD. Die anderen Fraktionen hatten bereits vor der Wahl angekündigt, die AfD auf keiner Weise zu unterstützen. Somit war im Vorfeld bereits sicher, dass der Kandidat der AfD-Fraktion nicht gewählt werden würde. Nach der Wahl beraumte die AfD-Fraktion unter ihrer Co-Vorsitzenden Alice Weidel eine Konferenz ein. Dabei sagt Alice Weidel, dass es demokratischer Usus sei, dass alle Fraktionen eine Vertretung haben und dass sie an Michael Kaufmann festhalten werden – so viel dazu. Die Fraktionen sehen das ein wenig anders. Sie wählen die Kandidaten von demokratischen Parteien. Die restlichen im Bundestag vertretenen Parteien vertreten die Meinung, dass die AfD eben keine demokratische Partei sei und sie daher deren Kandidaten nicht wählen würden 

Rechtlich gesehen ist diese Haltung ein wenig komplizierter. Die AfD-Fraktion hat Recht mit der Aussage, dass jede Fraktion Anspruch auf eine Vertretung im Präsidium habe. Aber wie bereits erwähnt, ist man gewählt, wenn man die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Das war eben bei diesem Kandidaten nicht der Fall. Außerdem sind die Abgeordneten laut Grundgesetz (GG) Art. 38 Satz 1 nur „[…] ihrem Gewissen verpflichtet“, nicht aber der Haltung anderer Fraktionen. Daraus lässt sich also schließen, dass jeder und jede Abgeordnete frei Entscheidungen treffen kann Die AfD-Fraktion hat also das Recht, einen Bundestagsvizepräsidenten zu bestimmen, aber die Abgeordneten sind nicht verpflichtet, diesen zu wählen. Ein entsprechender Eilantrag der AfD wurde vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt, die Klage wird am 10. November verhandelt.  

Quellen: 
1. Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG),  
2. Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GODB)
3. Tagesschau.de   
4. phoenix: Wahl und Rede von Bärbel Bas (SPD)  
5. Phoenix: Neues Parlament: Wahl der Bundestagsvizepräsident:innen  
6. tagesschau: Konstituierende Sitzung des Bundestages | Abschnitt von 05:38:07 – 05:40:22 
7. Bayrischer Rundfunk: Vizepräsidenten-Wahl im Bundestag: AfD-Eilantrag erfolglos