Der alte neue Konflikt
Ein neuer Kalter Krieg
Der Kalte Krieg, welcher ungefähr vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zerfall der Sowjetunion andauerte, zeichnete sich in erster Linie durch die Blockkonfrontation zwischen zwei konkurrierenden Systemen aus. Dabei standen die sozialistisch, meist autoritär geführten Staaten unter der Führung der Sowjetunion den kapitalistischen, meist demokratischen Ländern als Verbündete der Vereinigten Staaten gegenüber. Aus der Dynamik zwischen diesen beiden Supermächten und ihren Militärbündnissen gingen Stellvertreterkriege, das Wettrüsten sowie das atomare Vernichtungsszenario des politischen Gegners hervor.
von Julian Oster – Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32950330
Betrachten wir nun, mit Bezug auf diesen historischen Kontext, die gegenwärtige geopolitische Situation, stellt sich die Frage, ob gerade jetzt die Gefahr besteht, dass die Welt erneut in einen Kalten Krieg abrutschen könnte. Erste Anzeichen für einen solchen Konflikt lassen sich bereits erahnen. Anscheinend wird jedoch nicht Russland, als Nachfolgestaat der Sowjetunion, die Hauptrolle in diesem einnehmen, sondern die Volksrepublik China. Folgende Gegebenheiten könnten Anzeichen eines sich anbahnenden neuen Kalten Krieges sein.
In den letzten Jahren ist ein Wettrüsten zwischen den Vereinigten Staaten und China erkennbar, um die Dominanz über das südchinesische Meer und in entfernter Zukunft auch im Pazifik zu gewinnen. Im Zuge dessen rüstet China, wie in dem Artikel der Zeit „Wettrüsten wie einst mit den Sowjets“ (erschienen am 11.08.2021) beschrieben, auch seine nuklearen Fähigkeiten auf. Dies erinnere laut Autor Matthias Naß stark an das Wettrüsten zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion in den frühen sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts.
Sowohl China als auch Russland zeigen keine Toleranz gegenüber anderen politischen Systemen. Im Falle Russlands führte dies bis zum Überfall auf die Ukraine, China hegt aufgrund ähnlicher Gründe Ambitionen gegenüber Taiwan. Den Willen, jene Bestrebungen in die Tat umzusetzen, bestätigt ein Zitat aus einem Artikel des Magazins Reuters (erschienen am 16.10.2022). Der Präsident Chinas, Xi Jinping, verkündete während des 20. Parteikongresses der kommunistischen Partei Chinas: „Wir bestehen darauf, die Aussicht auf eine friedliche Wiedervereinigung mit größter Aufrichtigkeit und besten Anstrengungen anzustreben, aber wir werden niemals versprechen, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten und behalten uns die Möglichkeit vor, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.“
Die Furcht dieser autokratischen Staaten vor den demokratischen Ländern in ihrer Nachbarschaft erinnert ebenso an den Blockkonflikt zur Zeit des Kalten Krieges. Jedoch hatte dieser vielmehr eine Abschottung vor allem in Osteuropa zur Folge. Nachdem Russlands in Folge der Sanktionen vom Telekommunikationsnetzwerk SWIFT ausgeschlossen wurde, konnte es in das chinesische Parallelsystem CIPS einsteigen. Die Bildung solcher Parallelsysteme könnte eine Entkopplung bedeuten, welche die Gräben zwischen den Parteien noch weiter vertiefen würde.
All diese Entwicklung weisen einige Parallelen zum Kalten Krieg auf, zeigen aber auch einen gravierenden Unterschied. Nach Einschätzung des Handelsblattes (17.03.2022) war die Sowjetunion eine Status quo Macht und somit an der Aufrechterhaltung jener interessiert. Im Gegensatz dazu sind die Russische Föderation und China Mächte, welche das System zu ihren Gunsten verändern wollen und den Status quo als Fehler erachten. Dadurch könnte die momentane Rivalität zwischen den Großmächten eine Dynamik entwickeln, welche noch unvorhersehbarer sein könnte als das Äquivalent des Kalten Krieges.
Somit lässt sich vermuten, dass ein neuer Konflikt zwischen Ost und West entstehen könnte mit dem Potenzial, Ausmaße anzunehmen, die dem Kalten Krieg sehr ähneln. Dabei sollte die Brisanz dieses Konflikts besonders mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine deutlich geworden sein, welcher als Teil dieses übergeordneten Konflikts betrachtet werden kann. Nun liegt es an den kapitalistischen Demokratien, sich auf die schlimmsten Szenarien vorzubereiten und gleichzeitig größtmöglichen Raum für Diplomatie offenzulassen. Dabei müssen außerdem die Fehler der Vergangenheit im Umgang mit Russland und China, so gut es geht, vermieden werden.
Verweis auf die Quellen:
[Q1]: Erscheinungsdatum: 20.03.2014
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/181036/kalter-krieg-von-1945-bis-1989/
[Q2]: Veröffentlichungsdatum: 17.11.2022
[Q3]: Veröffentlichungsdatum: 11.08.2021
[Q4]: Veröffentlichungsdatum: 16.10.2022
[Q5]: Veröffentlichungsdatum: 17.03.2022